Seid ihr schon mal umgezogen? Also, nicht nur eine Straße weiter, sondern ein paar hundert Kilometer weiter. Sagen wir, vom Rheinland ins Schwabenland. Ich habe das getan und stand plötzlich vor einem Problem, dass ich so überhaupt nicht kommen sah. Und ich rede hier nicht von der Wohnungssuche, den Gängen zum Amt oder meiner generellen Unkenntnis der Stadt gegenüber. Ich rede hier von der Sprache.
Als 2016 umzog wurde ich – kaum das ich den Mund aufmachte – öfters gefragt: Wo kommscht denn du her?
Gut, für mich war die Frage nichts Besonderes. Auch in Nordrhein- Westfalen wurde ich das häufiger gefragt. Zu verdanken habe ich das meinem kleinem Sprachfehler, der mich das “r” besonders rollen lässt - und weswegen ich trotz meines niederrheinischen Dialekts nach Bayern - also ins Ausland - verortet wurde. Dazu muss ich aber auch sagen, dass der Buchstabe „r“ dem gemeinen Rheinländler halbwegs unbekannt ist. Man spricht ihn oft einfach nicht.
Zurück zum Thema. Auf meinen Dialekt angesprochen habe ich also – nichts ahnend – geantwortet: Aus Nordrhein- Westfalen.
„Ah, aus dem Ruhrpott“, antwortet mein Gegenüber dann meist. Merklich Stolz, dass es den Ruhrpott kennt und dieses Wissen in das Gespräch einbauen konnte. Was dann folgt ist immer das Gleiche. So erschrocken ich schaue, so erschrocken schaut mein Gegenüber mich an. Meine lieben Schwaben, Nordrhein- Westfalen ist nicht gleich der Ruhrpott. Baden- Württemberg besteht schließlich auch nicht nur aus Schwaben. Nein, da gibt’s auch noch die Badener und was weiß ich wie viele kleine weitere Unterscheidungen. Aber nicht nur im territorialen gibt es Unterschiede. Viel größere Unterschiede gibt es eben bei der Sprache. Zwar war ich schon in andere Gebiete Deutschlands gereist und auch die unterschiedlichen Dialekte sind mir bekannt. Aber das ich ernsthaft Probleme bekommen könnte die deutsche Sprache zu verstehen, war mir nicht klar. Ich ziehe ja nicht nach Bayern. Haha.
Meine Probleme fingen beispielsweise schon bei der richtigen Uhrzeit an. Während die Rheinländer Vertreter des „viertel vor“ ( bzw. „vittel vo“) oder „viertel nach“ -Sagens sind, sind die Schawben eingefleischte „dreiviertel“-Sager. Auch diesen Ausdruck hatte ich schon gehört. Welche Uhrzeit damit aber tatsächlich gemeint ist, ist mir trotz mehrfacher Erklärung jedesmal auf’s neue ein Rätsel. Aber offensichtlich haben die Würrtemberger Spaß an Mathe. Warum sonst sollten sie, wenn sie wissen wollen wie spät es ist, gefallen daran finden, sich erst mal ausrechnen zu müssen, dass es noch 15 Minuten bis zur vollen Stunde sind.
Auch das ständige „sch“ in gefühlt jedem zweiten Wort ist für eher nordische Menschen wie mich ziemlich gewöhnungsbedürftig. „Sch“ ist sowieso etwas, was der gemeine Rheinländer nicht so viel benutzt. Was wollt ihr mit “sch” erreichen? Aufklärung erwünscht.
Aber gut, nicht nur im Schwäbischen werden manche Wörter wirklich seltsam ausgesprochen. Der Alltagsplattsprechende Norddeutsche macht zum Beispiel aus einem “g” gerne mal ein “j”. Oder wahlweise ein “ch”. Je nach dem, wo der Buchstabe im Wort eben steht. Das Wort “genug” - also jenuch - vereint beide Möglichkeiten eindrucksvoll.
Aber mit den anders ausgesprochen Worten ist noch längst nicht Schluss. Nein, natürlich lässt es sich der Niederrheiner nicht nehmen, eine andere Grammatik zu nutzen, als wie… pardon, als der Rest des Landes. Und für alle, die eigentlich schon bei der Erwähnung des Wortes Grammatik den Text beiseite legen wollen: keine Sorge. Da gibt’s nämlich mal eine Gemeinsamkeit zwischen Rheinländern und Schwaben. Wir können nämlich auch äußerst sparsam sein. Zum Beispiel bei den Artikeln. Davon gibt es nämlich nur zwei. „Die“ und „de“. Wobei das „de“ eher als neutrale Form gedacht ist. Endlich mal eine Sprache, in der die Weiblichkeit siegt.
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